Was erhält man bei Pflegegrad 4?
Pflegegrad 4 ist der zweithöchste Pflegegrad bei hoher Pflegebedürftigkeit. Personen mit Pflegegrad 4 sind in ihrer Selbstständigkeit schwerst eingeschränkt und benötigen in hohem Maße Hilfe und Unterstützung bei alltäglichen Tätigkeiten. Eine eigenständige Versorgung ist im Normalfall nicht mehr gegeben.
Wie sind die Pflegegrade entstanden?
Personen, die vor dem Inkrafttreten des Pflegestärkungsgesetzes in der Pflegestufe 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz oder der Pflegestufe 3 waren, wurden nach der Pflegereform automatisch in den Pflegegrad 4 übernommen.
Personen mit einer schwersten Beeinträchtigung werden bei einer neuen Beantragung eines Pflegegrades in den Pflegegrad 4 eingestuft.
Welche Voraussetzungen gelten für Pflegegrad 4?
Für Pflegegrad 4 müssen die zu Pflegenden bei der Begutachtung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zwischen 70 und 90 Punkte erreichen. Hierbei ist es irrelevant, ob eine psychische oder eine physische Einschränkung vorliegt. Bei der Begutachtung werden verschiedene Bereiche des alltäglichen Lebens berücksichtigt.
Die Punkteverteilung richtet sich nach der Möglichkeit der eigenständigen Durchführung der Aktivitäten.
o Punkte – Selbstständig | Die versicherte Person kann alltägliche Handlungen ohne fremde Unterstützung durchführen. |
1 Punkt – überwiegend selbstständig |
Die Person benötigt nur geringe Unterstützung von pflegenden Personen und ist in der Lage den größten Teil der alltäglichen Handlungen selbstständig zu bewältigen. |
2 Punkte – überwiegend unselbstständig | Die Person ist zunehmend auf pflegende Unterstützung angewiesen und kann alltägliche Handlungen nur noch zu einem geringen Teil eigenständig erledigen. |
3 Punkte – unselbstständig | Die Person ist auf eine pflegende Person angewiesen, weil sie alltägliche Handlungen nicht mehr selbstständig durchführen kann. |
Wie wird der Pflegegrad 4 ermittelt?
Bei der Einstufung in einen Pflegegrad untersucht der MDK sechs Bereiche. Insgesamt fließen 64 Kriterien unterschiedlicher Gewichtung in die Bewertung ein.
Mobilität
Ist die Person in einfachen Handlungen im Alltag eingeschränkt oder kann sie sich selbstständig oder überwiegend selbstständig fortbewegen?
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Dieser Bereich bewertet die Orientierung und die Gedächtnisleistung. Zusätzlich wird die Entscheidungsfindung im Alltag getestet und die Fähigkeit, Personen aus dem nahen Umfeld zu erkennen.
Verhalten und psychische Problemlagen
Hier bewertet der MDK ob es verhaltensbedingen Auffälligkeiten gibt. Werden Gegenstände beschädigt? Leidet die Person unter nächtlicher Unruhe oder Angstzuständen? Gibt es motorische Auffälligkeiten?
Selbstversorgung
In diesem Bereich werden alltägliche Handlungen, wie etwa An- und Ausziehen, die tägliche Pflege oder die Fähigkeit von Zubereiten von Mahlzeiten bewertet.
Umgang mit Belastungen und Anforderungen einer Krankheit
Ist die Person im Krankheitsfall in der Lage sich selbstständig zu versorgen? Wichtige Punkte sind hier die Fähigkeit selbstständig Medikamente einnehmen zu können, die Verabreichung von Injektionen oder auch das Messen von Blutzucker.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Kann die Person selbstständig aktiv mit ihrem sozialen Umfeld interagieren und ist sie in der Lage eine eigenständige Freizeitgestaltung auf die Beine zu stellen?
Was steht mir bei Pflegegrad 4 zu?
Pflegegeld
- Als Pflegegeld bezeichnet man die monatliche Geldleistung der Pflegeversicherung für anerkannt Pflegebedürftige. Die Höhe des Betrages richtet sich nach dem Pflegegrad. Der Pflegebedürftige kann über die Verwendung des Pflegegeldes grundsätzlich frei verfügen. Pflegegeld und Pflegesachleistung sind kombinierbar.
Pflegesachleistung
- Pflegesachleistungen sind monatliche Geldleistungen, die direkt an den ambulanten Pflegedienst für pflegerischen Dienstleistungen (Körperpflege, Ernährung und Bewegung sowie hauswirtschaftliche Versorgung) an anerkannt Pflegebedürftigen gezahlt werden. Die Höhe hängt vom jeweiligen Pflegegrad ab.
Tages-/Nachtpflege
- Unter Tages- und Nachtpflege (teilstationäre Versorgung) versteht man die zeitweise Betreuung im Tagesverlauf in einer entsprechenden Einrichtung. Ab Pflegegrad 2 besteht neben den Leistungen für das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen auch Anspruch auf Tages- und Nachtpflege.
Vollstationär
- Für die vollstationäre Pflege in einem Pflegeheim besteht ab Pflegegrad 2 ein monatlicher Anspruch auf Leistung für den Pflegebedürftigen in einem Krankenhaus oder einem Pflegeheim. Dort wird der Kranke oder Pflegebedürftige von Fachleuten rund um die Uhr versorgt.
Entlastungsbetrag
- Der Entlastungsbetrag steht allen Pflegebedürftigen zu, die zuhause von ihren Angehörigen gepflegt werden. Die Höhe des Entlastungsbeitrags liegt bei allen Pflegegraden bei 125 Euro im Monat. Diese Entlastungsleistung soll die pflegenden Angehörigen im Pflegealltag unterstützen und die Selbständigkeit der Pflegebedürftigen fördern.
Verhinderungspflege
- Wenn der pflegende Angehörige verhindert ist, besteht nach vorheriger 6-monatiger Pflegezeit ein jährlicher Anspruch auf maximal 6 Wochen Verhinderungspflege in Höhe von 1.612 Euro. Das Pflegegeld wird in dieser Zeit zur Hälfte weitergezahlt. Die Verhinderungspflege kann mit der Kurzzeitpflege kombiniert werden.
Kurzzeitpflege
- Bei der Kurzzeitpflege wird die pflegebedürftige Person für eine begrenzte Zeit in einer vollstationären Einrichtung versorgt. Die Kurzzeitpflege ist auf eine Dauer von 56 Tagen im Kalenderjahr beschränkt. Für diese Zeit übernehmen die Pflegekassen die Kosten einer stationären Unterbringung. Sie ist kombinierbar mit der Verhinderungspflege.
Pflegeunterstützungsgeld
- Das Pflegeunterstützungsgeld ist eine Lohnersatzleistung der Pflegeversicherung für entgangenes Arbeitsentgelt während einer Pflegezeit von bis zu zehn Tagen.
- Es steht all jenen Beschäftigten zu, die kurzfristig die Pflege eines nahen Angehörigen organisieren müssen.
Pflegepaket
- Ein Pflegepaket deckt den Monatsbedarf an Pflegehilfsmitteln des täglichen Verbrauchs für unterschiedliche Pflegesituationen. Dazu gehören vor allem Produkte, die für die Hygiene und den Schutz aller an der Pflege beteiligten Personen erforderlich sind, wie z.B. Einmalhandschuhe, Desinfektionsmittel oder Bettschutzeinlagen. Ein Anspruch auf ein Pflegepaket besteht, sobald ein Pflegegrad vorliegt.
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Hausnotruf
- Der Hausnotruf ist ein technisches Pflegehilfsmittel, das den Pflegebedürftigen bei einer selbständigeren Lebensführung unterstützt. Mit diesem Meldesystem wird der Pflegebedürftige in Notsituation mit einer Notrufzentrale verbunden, so dass im Bedarfsfall schnell und rund um die Uhr Hilfe organisiert werden. Für anerkannte Pflegebedürftige werden die Kosten von der Pflegeversicherung übernommen.
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Wohnraumanpassung
- Für barrierefreie Umbauarbeiten zahlt die Pflegeversicherung einmalig für alle Maßnahme maximal 4.000 Euro. Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines Pflegegrads. Ändert sich der Pflegebedarf und werden weitere Umbauten benötigt, kann die Pflegekasse unter Umständen erneut Zuschüsse gewähren. Teilen sich mehrere Pflegebedürftige eine Wohnung können bis zu 16.000 Euro bewilligt werden.
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Beratung & Kurse
- Jeder Pflegebedürftige hat Anspruch auf eine individuelle Pflegeberatung. Diese zielt darauf ab, den Pflegebedürftigen eine umfassende Unterstützung bei der Auswahl und Inanspruchnahme notwendiger Hilfe- und Pflegeleistungen zukommen zu lassen.
- Als pflegender Angehöriger können Sie zudem freiwillig an einem kostenlosen Pflegekurs der Pflegekasse teilnehmen.
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